Ein Magengeschwür beim Pferd? Verschiedene Studien zeigen es: Bis zu 100 % aller Rennpferde im Training, mehr als 60 % aktiver Turnierpferde, und auch etwa 50 % aller Freizeitpferde sind von Magengeschwüren betroffen. Magengeschwüre sind also durchaus häufig. Doch wie kommt es dazu, dass Pferde unter Magengeschwüren leiden? Und wie kannst Du vorbeugen? Das haben wir Dir hier aufgeschrieben ☺
Was ist ein Magengeschwür beim Pferd?
Ein Magengeschwür beim Pferd kann verschiedene Formen haben. Schauen wir uns die unterschiedlichen Arten einmal an:
EGUS, ESGD, EGGD: Magengeschwür ist nicht gleich Magengeschwür
Der fachliche Oberbegriff für Magengeschwüre beim Pferd ist Equine gastric ulcer syndrome – EGUS. Die Geschwüre lassen sich jedoch noch genauer nach dem Ort ihres Auftretens bestimmen.
Im Pferdemagen befinden sich unterschiedliche Schleimhaut-Typen, die den Magen in zwei unterschiedliche Zonen teilen: Im vorderen Teil, wo leicht verdauliche Kohlenhydrate und teilweise auch Proteine verdaut werden, weist die Schleimhaut keine Drüsen auf. Im hinteren Teil wird der Magen durch drüsenreiche Schleimhaut ausgekleidet. Hier wird der stark saure Magensaft gebildet. Als Schutz gegen die Säure wird die Magenwand im Drüsenbereich deshalb durch eine dicke Schleimschicht geschützt.
Treten Magengeschwüre im Bereich der drüsenlosen Schleimhaut auf, spricht man von ESGD: Equine squamous gastric disease. Im Bereich der drüsenhaltigen Magenschleimhaut benennt man Läsionen als EGGD: Equine glandular gastric disease. ESGD und EGGS können einzeln oder auch in Kombination bei Pferden vorkommen.
ESGD – Geschwüre in der drüsenlosen Schleimhaut
ESGD tritt im Bereich der drüsenlosen Schleimhaut auf – hier ist der Magen eigentlich weniger sauer. Deshalb ist die dortige Schleimhaut mit nur wenig Schutzmechanismen gegen Säure ausgestattet. Ist sie übermäßig viel Magensäure oder reizenden Verdauungsprodukten wie Milch- und Fettsäuren ausgesetzt, kann es zu Läsionen in der Schleimhaut kommen – in einem solchen Fall spricht man von primärem ESGD.
Ein sekundäres ESGD kann zum Beispiel bei Magenentleerungsstörungen auftreten – dabei kommt der saure Futterbrei aus dem geschützten Drüsenbereich mit der weniger gut geschützten drüsenlosen Schleimhaut vermehrt in Kontakt und greift diese an.
EGGD – Geschwüre im Drüsenbereich des Magens
Bei Magengeschwüren im Drüsenbereich des Magens (EGGD) besteht noch Forschungsbedarf. Sicher ist: Die Schleimhautläsionen entstehen, wenn der Säure-Schutzmechanismus der dortigen Magenschleimhaut gestört ist. Wie genau es dazu kommt, ist noch nicht ganz geklärt. Wie bei ESGD spielen auch bei EGGD Faktoren wie Stress und Fütterungsfehler (z. B. zu wenig Raufutter) eine Rolle.
Fütterung und Co.: Ursachen für Magengeschwüre bei Pferden
Für Magengeschwüre kann es unterschiedliche Ursachen geben. Oft kommen auch mehrere Faktoren zusammen. Eine Hauptursache für gereizte Magenschleimhaut und damit für Geschwüre kann die Fütterung sein.
Pferde sind von Natur aus Futterspezialisten
Unsere Pferde sind mit ihrer Verdauung an eine ganz bestimmte Art der Futteraufnahme angepasst: Als Dauerfresser sind sie einen Großteil des Tages mit Nahrungsaufnahme beschäftigt. Zwölf bis achtzehn Stunden fressen wild lebende Pferde rohfaserreiche Pflanzennahrung wie Gras und Kräuter, Blätter, Zweige und Rinden. Die auf einmal aufgenommenen Futtermengen sind dabei nicht groß. Dafür dauern Fresspausen selten länger als zwei oder drei Stunden.
Angepasst an dieses Fressverhalten ist der Magen von Pferden verhältnismäßig klein und kaum dehnbar – dafür leistet er praktisch kontinuierlich Verdauungsarbeit. Für die Verdauung produziert der Pferdemagen ständig Magensäure – auch in Fresspausen. In der Natur wird das selten zum Problem: Schließlich unterbrechen frei lebende Pferde die Futteraufnahme immer nur für wenige Stunden. Dazu fressen sie sehr strukturreiches Futter, das sie intensiv kauen und einspeicheln. Der geschluckte Speichel neutralisiert im Magen einen guten Teil der Magensäure.
Wenn die Fütterung nicht der Natur des Pferdes entspricht
Hauspferde bekommen dagegen oft nur zwei oder drei kleine Heumahlzeiten und haben dazwischen über viele Stunden keinen Zugang zu Futter. Dazu erhalten viele Pferde große Kraftfutter-Portionen mit hohem Stärkegehalt. Kraftfutter wird deutlich weniger intensiv gekaut als Heu – mit dem Ergebnis, dass im Pferdemaul weniger neutralisierender Speichel produziert wird.
Der hohe Stärkegehalt kann außerdem dazu führen, dass sich im Magen vermehrt flüchtige Fettsäuren und saures Kohlendioxid bilden – diese Stoffwechselprodukte können die Magenschleimhaut schädigen.
Folgende Fehler in der Fütterung können die Bildung von Magengeschwüren begünstigen:
- Fütterung von zu wenig gutem Heu
- Zu lange Fresspausen (Pausen von über vier Stunden)
- Fütterung von zu großen Kraftfutterportionen
- Fütterung von stärkereichem Kraftfutter
- Fütterung von stark verholztem, harten Raufutter, die zu einer mechanischen Reizung der Magenschleimhaut führen können.
Faktor Stress: Wenn die Haltung auf den Magen schlägt
Pferde sind Fluchttiere – kurze Situationen mit akutem Stress gehören bei ihnen zum (Über-)Leben. Problematisch wird es, wenn der Stress anhält und für Pferde fester Bestandteil des Lebensalltags ist. Ein längerfristig erhöhter Stresstonus kann die Bildung von Magengeschwüren bedingen.
Folgende Faktoren können zu anhaltendem Stress im Pferdeleben führen – und damit langfristig auch Magengeschwüre begünstigen:
- Fehlende Sozialkontakte
- Langeweile
- Fehlen der Möglichkeit zu freier Bewegung
- Unpassende Gruppenzusammensetzung
- Häufiger Wechsel der Gruppenmitglieder
- Aggressionen und Rangordnungskämpfe in der Gruppe
- Zu wenig Platz bzw. Ausweichmöglichkeiten
- Ressourcenkämpfe z. B. durch Mangel an Raufutter/Fressplätzen
- Individuelle Problematiken, z. B. Insektendruck bei Sommerekzem
Auch Stress im Training ist ein Faktor
Intensives Training kann insbesondere für sensible Pferde Stress bedeuten. Leistungsdruck und Erwartung des Reiters schlagen auf den Magen. Dazu kann Stress durch unpassendes Equipment kommen, etwa bei Sattelzwang. Durch Trab- und Galoppbewegungen im Training steigt der Druck im Bauchraum an – dadurch kommt der reizende Magensaft eher mit den ungeschützten, drüsenlosen Bereichen der Magenwand in Kontakt. Außerdem sorgt intensives Training für eine verminderte Durchblutung des Verdauungstrakts. So können Magengeschwüre begünstigt werden.
Medikamente und Co.: Weitere Faktoren, die Magengeschwüre begünstigen
Neben Haltung, Training und Fütterung können noch weitere Faktoren eine Rolle beim Entstehen von Magengeschwüren spielen. Dazu gehören unter anderem häufiger Stress durch die intensive Teilnahme an Turnieren, häufige Anhängerfahrten und Umzüge in einen anderen Stall. Aber auch Erkrankungen, die mit gestörtem Allgemeinbefinden wie Juckreiz oder Schmerzen einhergehen, können zur Entwicklung von Magengeschwüren beitragen. Bestimmte Medikamente wie nichtsteroidale Entzündungshemmer beeinträchtigen die Selbstschutzfunktion der Magenschleimhaut und können so zu Magengeschwüren führen. Auch Koliken können Magengeschwüre nach sich ziehen.
Magengeschwür beim Pferd – das sind die Symptome
Die Anzeichen für Magengeschwüre sind sehr vielseitig – die hier zählen dazu:
- Neigung zu Koliken/Bauchschmerzen
- Das Pferd frisst schlecht oder zeigt sich oft wählerisch
- Verändertes Trinkverhalten: Das Pferd trinkt vermehrt oder deutlich weniger
- Nach Kraftfutteraufnahme macht das Pferd eine Fresspause
- Schlechter Allgemeinzustand
- Fellprobleme
- Gewichtsverlust
- Das Pferd wirkt apathisch und in sich gekehrt
- Aggressionen
- Das Pferd gähnt häufig, flehmt oft oder zeigt Zähneknirschen und Leerkauen
- Das Pferd ist unwillig beim Reiten und zeigt verminderte Leistung
- Sattelzwang
- Aufstoßen
- Das Pferd riecht aus dem Maul
Die Vielschichtigkeit und breite Fächerung dieser Anzeichen können es schwierig machen, nur aufgrund der Symptomatik ein Magengeschwür festzustellen. Eine wirklich sichere Diagnose kann nur durch den Tierarzt mittels Gastroskopie gestellt werden.
Nicht jedes Pferd zeigt Magengeschwüre deutlich
Magengeschwüre können bei manchen Pferden vorhanden sein, ohne dass eine klare Symptomatik vorhanden ist. Das Ausmaß der Symptome muss auch nicht im Zusammenhang damit stehen, wie stark die Magenschleimhaut tatsächlich geschädigt ist. Wie deutlich ein Pferd Anzeichen für ein Magengeschwür zeigt, ist individuell – und spiegelt nicht unbedingt den tatsächlichen Schweregrad der Erkrankung wider.
Das tut der Tierarzt: Diagnose und Behandlung von Magengeschwüren
Eine wirklich sichere Diagnose eines Magengeschwürs ist nur mithilfe einer Magenspiegelung (Gastroskopie) möglich. Dabei wird ein dünner Kameraschlauch durch die Speiseröhre bis in den Magen des Pferdes geschoben. So kann der Zustand der Magenschleimhaut vor Ort beurteilt werden. Alternativ kann der Tierarzt auch auf Verdacht das Pferd auf Magengeschwüre behandeln – wenn sich der Zustand des Pferdes unter der Behandlung bessert, ist es wahrscheinlich, dass ein Magengeschwür vorliegt.
Die tierärztliche Behandlung erfolgt meist mit sogenannten Protonenpumpenhemmern, welche die Sekretion von Magensäure im Magen reduzieren. Das ermöglicht der geschädigten Schleimhaut abzuheilen. Nachhaltig erfolgreich kann die Behandlung jedoch nur sein, wenn die verursachenden Faktoren des Magengeschwürs abgestellt werden – zum Beispiel durch Anpassung von Haltung, Fütterung und Training.
Mit der passenden Fütterung Magengeschwüren bei Pferden vorbeugen
Die richtige Fütterung ist ein wichtiger Faktor, um Magengeschwüren vorzubeugen oder nach einer erfolgten Behandlung zu vermeiden, dass das Pferd erneut Magengeschwüre entwickelt. Mit folgenden Fütter-Maßnahmen kannst Du Magengeschwüren vorbeugen:
- Ausreichend hochwertiges Pferdeheu als Grundfutter geben. Je nach Pferdetyp liegt die passende Tagesration überwiegend zwischen 1,7 und 2 Prozent des Körpergewichts; 1,5 Prozent sollten es mindestens sein. Für Pferde, die es vertragen, bietet sich eine Heufütterung ad libitum an.
- Gerade für die Nacht muss die Heuportion ausreichend groß sein.
- Durch Füttern aus Netzen oder Verteilen des Heus auf mehrere Stationen können die Fresszeiten für Dein Pferd verlängert werden.
- Fresspausen sollten maximal 4 Stunden betragen (besser kleinere Pausen).
- Möglichst der Verzicht auf herkömmliches Kraftfutter
- Verzicht auf stärke- und zuckerhaltiges Futter.
Artgerechte Haltung senkt den Stresspegel
Eine naturnahe, pferdegerechte Haltung sorgt für Stressreduktion und kann ein wichtiger Faktor sein, wenn es um das Vorbeugen von Magengeschwüren geht. Folgende Aspekte solltest Du etwa in der Haltung beachten:
- Halte Dein Pferd möglichst in einer harmonischen, passenden Gruppe, in der wenig Wechsel vorkommt. Wie groß diese Gruppe am besten ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen Deines Pferdes ab – manche Pferde fühlen sich in großen Gruppen wohl, andere sind entspannter, wenn sie mit nur einigen wenigen Pferden zusammen stehen.
- Für Pferde, die es vertragen, ist ausgiebiger Weidegang ein tolles Mittel zum Stressabbau.
- Die Haltung sollte Deinem Pferd die Möglichkeit zu viel freier Bewegung bieten – möglichst 24/7. Auf großen Paddocks und Trails kann Dein Pferd seinem Wanderbedürfnis nachkommen.
- Mit durchdachter Gestaltung von Paddock und Stall kannst Du dafür sorgen, dass es weniger Stress in der Gruppe gibt – zum Beispiel mit mehreren Fressplätzen, viel Ausweichmöglichkeiten und dem Vermeiden von Engstellen und Sackgassen.
Das Training entspannt gestalten
Bewegung darf sein – auch ein wenig Reiten ist durchaus erlaubt. Einen Marathon sollte Dein magengestresstes Pferd aber nicht rennen müssen. Lass es beim Training ruhig angehen und vermeide Druck und Überforderung. Um Magengeschwüren vorzubeugen, eignen sich entspannte Trainingseinheiten mit Pausen und einer verlässlichen Struktur, an der sich das Pferd orientieren kann. Wichtig: Dein Pferd sollte vor dem Training kein Kraftfutter fressen, jedoch auch nicht auf nüchternen Magen trainieren – stattdessen sollte es vorher die Möglichkeit haben, Raufutter zu fressen.
Kräuter für den Magen
Mit Kräutern kannst Du den Magen Deines Pferdes stärken und die Magenschleimhaut pflegen. Echte Magenschmeichler sind zum Beispiel Süßholz, Kamille, Anis, Pfefferminze, Melisse und Ringelblume.
Daneben sind schleimstoffreiche Pflanzen eine gute Wahl: Pflanzenschleim legt sich im Magen schützend auf die Magenschleimhaut, wirkt reizmildernd und beruhigend. Pflanzliche Schleimspender sind insbesondere Flohsamen, Leinsamen, Eibischwurzel, Islandmoos und Rotulmenrinde. Wichtig: Schleimstoffreiche Kräuter sollten immer in zeitlichem Abstand zu Medikamenten und Futterzusätzen gefüttert werden.
Um den Magen zu pflegen, solltest Du vor dem Füttern die Schleimstoffe aus den Pflanzen locken: Dazu lässt Du Eibisch und Co. mindestens eine Stunde in etwas kaltem Wasser einweichen und fütterst dann Wasser und Pflanzen zusammen.
Magengeschwür beim Pferd: 5 Fragen – 5 Antworten
Welche Symptome hat ein Pferd bei Magengeschwür?
Die Symptome für eine Magenproblematik sind beim Pferd sehr vielfältig. Dazu gehören
- Wiederholte Koliken
- Wenig Appetit, Mäkelei, Fresspausen nach Kraftfutter
- Trinkverhalten ändert sich
- Stumpfes Fell
- Gewichtsverlust
- Verhaltensveränderungen: Apathie, übermäßige Ruhe, Aggressionen
- Gähnen, Flehmen, Zähneknirschen, Leerkauen
- Widersetzlichkeit, fehlende Leistungsbereitschaft
- Maulgeruch
Wie kann man herausfinden, ob ein Pferd ein Magengeschwür hat?
Sicher herausfinden, ob Magengeschwüre vorliegen, kann nur der Tierarzt – mithilfe einer Gastroskopie. Ein deutlicher Hinweis auf ein Magengeschwür beim Pferd ist eine Besserung der Symptome bei einer probeweisen Behandlung auf Magengeschwüre.
Wie lange dauert ein Magengeschwür bei einem Pferd?
Wie lange es dauert, bis ein Magengeschwür abgeheilt ist, hängt davon ab, wie schwer die Läsionen in der Magenschleimhaut sind und wo im Magen sie sich befinden. Eine Heilungsdauer von einigen Wochen ist bei einem Magengeschwür immer zu erwarten.
Wie kann man ein Magengeschwür behandeln?
Der Tierarzt behandelt ein akutes Magengeschwür meist mit sogenannten Protonenpumpenhemmern – die verringern die Sekretion von Magensäure im Magen. Zusätzlich ist es wichtig, dass Du Haltung, Fütterung und Trainingsalltag Deines Pferds optimierst.
Welches Futter passt bei Magenproblemen des Pferds?
Beim Füttern von magengestressten Pferden ist eine Fütterung von hochwertigem, rohfaserreichem Pferdeheu sehr wichtig – am besten 24/7, auf keinen Fall aber mit Fresspausen von über vier Stunden. Vom Speiseplan möglichst verschwinden, sollten dagegen Heulage, stärkereiches Kraftfutter wie Hafer sowie melasse- und zuckerhaltige Futtermittel.