„… bei uns sind alle unbeweglich: Mein Hund, mein Pferd und ich", sagte einst eine Kundin zu mir. Damit ist sie nicht allein. Derlei Nebensätze höre ich in meiner Beratung sehr oft. Irgendwann begann ich über diese seltsamen „Zufälle“ nachzudenken. Und ich sah vermehrt hin, fragte gezielter nach und überlegte, welchen gemeinsamen Nenner die Schwächen aller Mitglieder einer Familie haben könnten. Und mir wurde klar: Wir sind gut beraten, wenn wir ein Tier immer in seinem familiären Kontext betrachten und wenn wir Menschen für den Einfluss, den wir auf unser Tier haben, Verantwortung übernehmen.
Ein ganzheitlicher Denkansatz bezieht die Psyche & Einflüsse von außen mit ein
Körper und Psyche sind ein System. Man kann nicht einen Teil heraus nehmen und diesen isoliert betrachten, sondern das ganze System sollte ganzheitlich betrachtet werden. Doch die Ganzheitlichkeit geht noch weit über den Körper hinaus. Auch die Umweltbedingungen, die Ernährung, die Haltung und die Psyche haben einen immensen Einfluss auf den Körper. Mehr noch: Wir Menschen beeinflussen das Wohlbefinden unserer Tiere enorm.
Die Sache mit den Spiegelneuronen
Säugetiere (und dazu zähle ich auch uns Menschen) besitzen Spiegelneuronen. Diese dienen dazu, das Verhalten eines Herden-, Rudel- oder Familienmitgliedes zu spiegeln.
Wir werden zusammen müde und zusammen wach. Lachen ist ansteckend - Gähnen auch. In einer Herde oder einem Rudel verläuft der weibliche Zyklus oftmals synchron. Wenn Jemand schlecht gelaunt ist, zieht uns dies mit hinunter. Wie es in den Wald hinein ruft, schallt es heraus. Und so weiter und so weiter. Die Beispiele sind endlos, die zeigen, wie sehr wir Einfluss haben auf unsere Umwelt und diese auf uns.
Gemeinschaft stärkendes Verhalten ist bei Tieren ausgeprägt
Unsere Tiere sind in dieser Hinsicht noch ursprünglicher als wir. Ihre Gemeinschaft ist überlebenswichtig. Darum ist das Funktionieren der Gemeinschaft existenziell. Gleichzeitig und gleichartig reagieren zu können, sichert die Gemeinschaft. Den anderen fühlen zu können, seine Last mitzutragen, macht die Gemeinschaft darüber hinaus wertvoll.
Tiere tun das bei uns jeden Tag. Sie tragen unsere Last mit. (Manchmal auch umgekehrt).
Darum ist es nicht verwunderlich, dass Tiere und ihre Menschen oftmals ähnliche Krankheiten oder Verhaltensprobleme aufweisen. (Natürlich darf man nicht außer Acht lassen, dass wir uns außerdem intuitiv stets die Tiere suchen, die uns sehr ähnlich sind und zu uns passen.)
3 Arten des Spiegelns
1.) Unser Verhalten bzw. unsere innere Haltung beeinflusst die Gesundheit unserer Tiere:
So haben z.B. Menschen, die sehr unsicher, nervös und kopflastig sind, manchmal Tiere, die an Magenbeschwerden, Muskelverspannungen und Ängstlichkeit leiden. Denn die Unruhe übertrat sich auf das Tier und der Körper des Tieres reagiert dort, wo dessen persönliche Schwachstelle ist.
2.) Wir teilen die gleichen Schwächen:
So haben z.B. oftmals ängstliche Menschen auch ängstliche Tiere. Unsere Tiere tragen unsere Krankheiten mit, um sie auf mehreren Schultern besser tragen zu können. Aber natürlich werden sie auch durch unsere Art des Umgangs damit beeinflusst.
3.)Unsere Tiere werden zu unserem persönlichen Puffer:
So haben z.B. manchmal sehr hitzige Menschen sehr ruhige Tiere, oder sehr kindliche Menschen sehr erwachsene Tiere. Unsere Tiere bilden einen Gegenpol zu uns, um unser Verhalten auszugleichen. Das bedeutet, dass sie sich selbst stark zurück nehmen, und große Verantwortung tragen, die auch überfordern kann.
Chancen des Spiegelns
Wenn wir uns über die Probleme unseres Tieres Gedanken machen, ist es hilfreich zu überprüfen, wie viel Einfluss von uns ausgeht. Denn, wenn wir erst einmal erkannt haben, dass z.B. unsere innere Unruhe einer der Auslöser für den flauen Magen unseres Tieres sein kann, dann haben wir einen Ansatzpunkt, der uns weiterhelfen kann. Wenn wir neben der Beruhigung des tierischen Magens an unserer inneren Ruhe arbeiten, kann der Erfolg tiefgreifender und nachhaltiger sein.
Wenn wir feststellen, dass unser Tiere unsere eigenen Schwächen für uns mit trägt, können wir es aus dieser Verantwortung entlassen.
Und wenn wir davon ausgehen, dass unser Tier unser Verhalten puffert, nimmt die Arbeit an uns selbst viel Belastung von unserem Tier.
Ist ein Problem immer nur ein Spiegel?
Nein. Es gibt meiner Erfahrung nach nie nur einen Grund für ein Problem. Im Gegenteil: Es sind immer viele kleine Bausteine, die in ihrer Masse ein Problem ergeben. Das Spiegeln ist nur einer dieser Bausteine. Doch je mehr Bausteine wir kennen, desto mehr können wir beeinflussen und desto erfolgreicher wird die Behandlung sein.
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Borner Esther
Da kann ich nur beipflichten, dass ein Tier, das uns nahe ist, uns spiegeln kann. Meine eigentlich nervenstarke Stute spiegelt meine gegen Aussen kaum wahrnehmbare innere Unruhe und Ängstlichkeit perfekt. Ich bin dran, bewusst mehr zur Ruhe zu kommen - eine grosse Herausforderung, wenn der eigene Kopf so viel Aufmerksamkeit fordert... Ich bin meiner Stute dankbar, dass sie so unmissverständlich aufzeigt was Sache ist und muss auch aushalten, dass ich ihr das "aufbürde".